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Das ist Teil 2: Wolfgang Hocks Kommentar zur Biennale in Florenz 2021 Wolfgang Hock und seine Bilder auf der Biennale in Florenz 2021
Dann auf einmal auf einer Kunst-Biennale: Die Modemacherin Vivienne Westwood umringt von ihren Fans, meist junge Frauen und Mädchen, die bei ihr studieren oder als Modelle arbeiten wollen. Warum wird sie mit einem Preis auf einer Kunst-Biennale geehrt? Vivienne Westwood ist eine Multi-Millionärin, ihre Boutiquen gibt es in London (4), in England (7), Wien, Paris, Mailand (2), Los Angeles, Honolulu, Guam, Singapur (2), Bangkok (2), Hongkong (9) sowie zahlreiche Ladengeschäfte und Shops-in-shop in Japan (50), Südkorea (18) und Taiwan (6). Seit 2015 gibt es in Shanghai und Hongkong Vivienne Westwood Cafés, in denen Feingebäck angeboten wird.
Bei der Round-Table-Diskussion am 27.10. mit Vivienne Westwood (Modemacherin), Michelangelo Pistoletto (Bildender Künstler) und Oliveiro Toscani (Fotograf) kam es zum Eklat: Die sehr plakativen Aussagen Westwoods, die von ihr wie von einer Prohetin des Untergangs der Welt mit zitternder Stimme vorgetragen wurden, waren z.T. unerträglich. Sie erklärte uns "Dummen" die Welt: "Wir haben keine Zukunft: Das finanzielle System basiert auf andauerndem Krieg, einem Handelskrieg, genau das ist es! ", "Wahre Economie basiert auf dem Wert von Land, das niemandem gehört", "Cooperation statt Wettbewerb", "die Welt steht vor einer Apokalypse", "S.O.S" würde unser Planet senden etc. Eine erratische Behauptung nach der anderen blieb einfach im luftleeren Raum stehen, ohne irgendeine Diskussion über deren Wahrheitsgehalt oder mögliche Lösungen solcher Zukunftsprobleme, alles abgelesen von einem Blatt Papier.
Westwood hat sich einfach an die Mode bestimmter skandinavischer Aktivistinnen angehängt, ist also eine "Trittbrettfahrerin" und imitiert deren Parolen, in der Hoffnung, genauso viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wie die jungen Umwelt-Aktivistinnen heute in aller Welt. Um nicht falsch verstanden zu werden: Auch ich bin für ein Umdenken zur Rettung des Klimas etc., aber wir müssen darüber diskutieren können, wie wir das in die Praxis umsetzen wollen. Bitte keine Erpressung durch neue autoritäre Personen und Gruppen!
Als genau das von den beiden Künstlern Michelangelo Pistoletto und Oliveiro Toscani versucht wurde mit ihr zu diskutieren, fühlte sie sich anscheinend hinterfragt und angegriffen, so dass sie lautstark und wortwörtlich entgegenete: "Fuck you!", was absolut peinlich und beleidigend war, aber von ihren Fans begeistert gefeiert wurde. Für mich völlig unverständlich: Schließlich hat ja gerade der "böse" Kapitalismus dazu beigetragen, dass Westwood heute so berühmt und reich ist und bei ihren Modeshows herrscht allergrößte Konkurrenz. Ein Widerspruch, den sie nur schlecht erklären kann.
Daraufhin minutenlanges Schweigen der Diskussionsrunde bzw. gegenseitige Vorwürfe etc.
Giovanni von der Organisation versuchte zu schlichten ...
Ratlosigkeit der Organisatoren Jacobo Celona, Piero und Pasquale Celona.
Als dann Westwood gegangen war, diskutierte Michelangelo Pistoletto noch lange mit jungen Leuten.
Schließlich zogen er und seine Familie nach endlosen Dikussionen erschöpft ab.
Grundsätzlich fand ich eine solche Auseinandersetzung sehr gut, weil sie ganz offensichtlich zeigte, was passiert, wenn man Kunst und Modedesign zu stark vermischt - wie auf dieser Biennale - und zu wenig die Besonderheiten und Unterschiede zwischen Kunst und Design berücksichtigt. Design ist Werbung, Gefallen, Mode, Trend, Luxus, angewandte Kunst, Kunsthandwerk usw. Kunst ist etwas ganz anderes!
Renata vor einem Bild von Wolfgang Hock
Noch ein Ehrengast auf der Biennale: Tamara De Lempicka Tamara De Lempicka, geboren 1898 in Polen und gestorben 1980 in Mexico, hat mit ihrer Art-Déco-Malerei mit dem Thema der Biennale zu tun: Eternal Feminine - Eternal Change. Prägend für ihre künstlerische Entwicklung war schließlich 1911 der Kontakt mit der Malerei der Renaissance auf einer Reise nach Florenz. Heutzutage ist das Art-Déco wieder stark in Mode, vor allem im Design. Von daher kann man verstehen, dass sie als ein verstorbener Ehrengast auf dieser Biennale erwähnt wurde. Aber: Was ich sehr merkwürdig fand, war, dass eine Urenkelin diesen Kunstpreis erhielt, die aber kein einziges Originalgemälde Lempickas zur Verfügung gestellt hat. Schließlich hat man so keine Ahnung von der Originalgröße, vom Material, Malweise etc. Was man auf der Biennale zu sehen bekam, waren ausschließlich sogenannte "Originalserigraphien", d.h. nichts anderes als Reproduktionen von Ölgemälden, gut gerahmt hinter Glas. Mit dem Wort "Original" wurde hier nicht richtig umgegangen, denn die Künstlerin war schon längst tot, als diese Serigraphien angefertigt wurden. Also von "Original" keine Spur!
Wenn z.B. Gerhard Richter sog. "Originalserigraphien" von seinen Gemälden anfertigen lässt, dann sind das von ihm abgeglichene (begutachtete), handsignierte und limitierte Serigraphien, also etwas völlig anderes als das hier auf der Biennale. Auf diesen entscheidenden Unterschied bestehe ich!
Obendrein kommt noch hinzu, dass diese Reproduktionen von Lempicka zusammen mit Originalkunstwerken der teilnehmenden Künstler von heute (!) ohne Abtrennung oder extra Abteilung einfach so dicht an dicht zusammenhingen, so dass ein unerfahrener Betrachter völlig verwirrt werden konnte: Es konnte zu einer ahistorischen Kunstbetrachtung kommen. Das hielt ich für den größten Fehler überhaupt! Und das in einer so geschichtsträchtigen Stadt wie Florenz !
Es gab auch sehr gute und berührende Momente auf dieser Biennale: Der Dokumentarfilm "Can't stop the sun from shining" 2019 von Teresa Mular aus Argentinien Jacobo Celona und die Künstlerin Teresa Mular aus Argentinien
Aber nun zur Jury und zur Preisverteilung auf dieser Biennale. Im Katalog und auf der offiziellen Internetsite der Biennale wurden insgesamt zehn Juroren angekündigt, es kamen aber anscheinend weniger. Gefehlt haben Eleza Ajzenberg (São Paulo / Brasil) und zwei weitere Juroren aus Fernost. Was hier in dieser Jury ein Kunsthistoriker aus dem Vatikan zu suchen hat (der Herr in der Mitte), kann ich nicht nachvollziehen. Welches Interesse hat die katholische Kirche an der Biennale?
Aus meiner Sicht wurde hier alles, was mit Design zu tun hat, einseitig bevorzugt, was man schon daran sieht, dass bei der vorhergehenden Auswahl vor der Biennale, der "International Open Call Competition", ein Illustrator als Künstler und eine Fotodesignerin mit ihren Hochglanzfotos - typisch für Fotozeitschriften - prämiert wurden.
Sieht man auf die Kunst- bzw. Designkategorien, wird es noch deutlicher: Es wurde zwar unterschieden zwischen Design und Kunst, aber innerhalb der Kunstkategorien befanden sich viele Kategorien, die mit Kunst nichts zu tun haben: so z.B. Keramische Kunst ("Ceramic Art"), Textile Kunst ("Textile and Fiber Art"), Fotografie ("Photography") - so wie sie hier meist verstanden wurde (Designerfotografie), Schmuckkunst ("Jewellery Art"), "New Media Art" - so wie sie hier meist verstanden wurde (3D - abgeleitet von Fotografie) und Skulptur ("Sculpture") - so wie sie hier meist verstanden wurde (materialästhetische Designerobjekte).
Das ist für mich und alle Künstler ein Schlag ins Gesicht: Hier wurde das Design eines Rennautos prämiert, was vor allem von dem Juror und Kunsthistoriker Francesco Buranelli, dem Generalsekretär der Päpstlichen Kommission für das Kulturerbe der Kirche in der Vatikanstadt, applaudiert wurde. Ein solches Auto kostet sage und schreibe ab 850.000.- Euro. Zwei solcher Autos waren auf dieser Biennale als Design-Kunstwerke ausgestellt! Welches Interesse hat die katholische Kirche an Rennautos dieser Preiskategorie?
Hier eine kleine Zusammenstellung von prämierten Arbeiten, die aus meiner Sicht mit Kunst nichts zu tun haben: Für mich ist besonders auffällig, dass fast alle Arbeiten, die hier prämiert wurden, von mir vorher negativ, dekorativ, geschmäcklerisch und übermäßig gefällig eingeschätzt wurden. Aber genau diese Arbeiten wurden dann am letzten Tag der Biennale von der Jury prämiert. Fazit: Es ging auf dieser Biennale nicht um Kunst, sondern nur um Design. Obendrein hatte ich den Eindruck, dass die meisten Juroren sich gar nicht die Mühe gemacht hatten, die Originalwerke vor Ort anzusehen. Außer ein oder zwei habe ich keinen bei meinen oder anderen Bildern gesehen. Sie haben anscheinend ihr Votum aufgrund von Abbildungen im Katalog vergeben !
Das alles ist sehr schade, und so glaube ich nicht, dass das hier der richtige Ort für meine Kunst ist. Bye-bye Florenz ...
Wolfgang Hock und seine Bilder auf der Biennale in Florenz 2021
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